So moderiert er seit einigen Jahren die WDR-3-Sendung Jazz & World. Doch auch elektronische Musik begeisterte Niklas Wandt zunehmend, so dass er neben seinen ersten Live-Auftritten und Album-Aufnahmen mit Bands wie Oracles und Stabil Elite auch bald als DJ im Umfeld des Düsseldorfer Salon des Amateurs aktiv wurde. Gemeinsam mit Wolf Müller veröffentlichte Niklas Wandt 2018 das viel beachtete Album „Instrumentalmusik von der Mitte der World“ (Growing Bin Records) und gründete zusammen mit Joshua Gottmanns das Synth-Pop-Projekt Neuzeitliche Bodenbeläge.
Nach weiteren Solo- und Kollaborationsarbeiten in 2019 und 2020 legt Niklas Wandt nun unter seinem eigenen Namen auf Bureau B ein ganz erstaunliches Album vor. „Solar Müsli“ klingt als wären hier all die verschiedentlichen Einflüsse, die Wandt in den vergangenen Jahren gesammelt und aufgesogen hat, zusammengeflossen. Eine Summe aller Puzzleteile, jedoch nicht bemüht zusammengesteckt, sondern frei treibend, aufregend und bar jeden Formalismus. Erwachsen als improvisiertes Percussion-Album, ist „Solar Müsli“ letztendlich zu einer multidimensionalen, mal in sich gekehrten und mal ausufernden Reise geraten, die bloße Genre-Tags hinter sich und einen erstaunt zurücklässt, nur um sich direkt wieder auf den Weg zu machen.
Niklas Wandt über Solar Müsli: „Wie alle wurde ich im März letzten Jahres plötzlich rausgerissen aus dem doch recht hektischen Ablauf von Radioproduktionen und Touren – hatte ich doch das Jahr davor mehr Zeit unterwegs als zuhause verbracht. Der Rückzug in die Häuslichkeit hat vieles ausgelöst: auf nicht- oder vormusikalischer Ebene vielleicht eine große Vereinfachung des Lebenswandels, hin zu Tagen, in denen schon ein ausgedehnter Spaziergang und ein Betrachten des Spektakels am Himmel, das sich durch dichte Wolken kämpfende Licht, ein Sonnenuntergang, der Wind in den Halmen, die Grenzen unserer Welt doch sehr viel weiter erscheinen lassen als sie es in Wirklichkeit waren. Verlangsamung, Vereinfachung, den etwas überdrehten Durst der Sinne wieder auf solche ganz grundlegenden Phänomene richten. Gleichzeitig war es ein Jahr voller Konflikte und Anspannungen, wenige bewusst und viele unbewusst, in einer noch sehr viel lebhafteren Traumwelt als zuvor – dies findet sich vor allem in den ersten beiden Stücken wieder. Wenn man einen kleinen Bogen von Anfang bis Ende spannen möchte, geht es aus der „vollkommenen Nacht“ in erlösend leichtes, beschwingtes Erleben, eine gemeinsame Reise – alles natürlich in assoziativen Sprachcollagen, die sich auch wieder gar nicht so leicht in so eine Form einhegen lassen. Aber der gesprochene Part am Ende von „Solar Müsli“ fasst es so schön zusammen – »ich habe keine Ahnung, wo die Reise anfing, aber ich habe jetzt zumindest erste Puzzlestücke gefunden.«
Für mich war Musik ganz lange etwas, das idealiter live stattfindet – da bin ich klar von meinen Jahren als freier Improvisator am Schlagzeug geprägt. Das Gefühl des Teilens von etwas Unwiederholbarem, das sich in fixierter Form auf Platte nie so ganz richtig anfühlt. Aber was, wenn man diese Offenheit im musikalischen Prozess auch in der Studioarbeit bewahrt? Für mich sind Trommeln und Cymbals immer noch die intuitivsten Instrumente, einen perkussionistischen Approach wird man bei mir vermutlich auch in ganz anderen Instrumentierungen hören. Für meine Debüt-EP Erdtöne (Kryptox, 2020) hatte ich improvisierte One-Takes an Schlagzeug und Percussion in meinem Proberaum aufgenommen. Und genau so fing die Arbeit an Solar Müsli an; zwei Sommertage in meinem Proberaum, spontane unbegleitete Drumtakes auf Metronom, ohne mehr als grobe Strukturen im Kopf – auch kurzes Eiern oder jähes Abbrechen bleibt drin (das gilt für alle Stücke außer „Solar Müsli“ und „Am Rande“). Diese Takes gaben die Struktur der Stücke vor, die dann im heimischen Wohnzimmer an diversen analogen Synthesizern und Drummachines ihre fertige Gestalt annahmen.
Für mich im Sommer letzten Jahres noch ein Novum – nach jahrelangen Kollaborationen, innerhalb derer der finale Produktions-/Arrangier-etc.- Prozess weitgehend von meinen respektiven musikalischen Partnern übernommen wurde.
Trotzdem das eine Soloplatte ist, ist sie mit Hilfe vieler Freundinnen und Freunde entstanden, so einige davon richtig lange zurückgehende, teils schon verschüttet geglaubte musikalische Verbindungen. Mit Toningenieur Dennis Juengel und Violinistin Hanitra Wagner war ich mit unserer alten Band Oracles international on the road, Arrangeur und Dirigent Christian Dellacher ist ein guter Freund aus der Schulzeit, den ich letztes Jahr das erste Mal seit knapp zehn Jahren getroffen habe, Nathan Bontrager und Stefan Schönegg an Cello und Kontrabass alte Weggefährten aus der Kölner Improvisationsszene.
Sam Irl ist quasi Haus-Engineer meiner Band Neuzeitliche Bodenbeläge. Auch durch ein Musikfonds-Stipendium konnten diese besonderen Overdubs im Dezember in Köln realisiert werden – ebenfalls Marimba- und Vibraphonspuren, aufgenommen in meiner alten Musikschule in dem praktisch unveränderten Raum, in dem ich von 1995 bis 2009 selber Unterricht hatte.“