Yrrre

5. August 2023, 16:00 Uhr
5. August 2023, 16:00 Uhr

„Feinstaub“, das neue, zweite Album von YRRRE, ist auf vielen verschiedenen Ebenen erstaunlich.

Hier schreibt jemand mit einer Selbstverständlichkeit Sätze, Zeilen und Texte, die es so noch nicht gegeben hat. Assoziativ und intuitiv, aber doch auf den Punkt, verpackt YRRRE in scheinbar beiläufigen Beobachtungen und Bekundungen all den Schmerz und die Schönheit dieses Wahnsinns namens Leben. Damit berührt er mal ganz zart und behutsam und trifft einen dann wieder mit voller Wucht in die Magengegend. Zum ersten Mal wurde einem das schon auf YRRREs selbstbetiteltem Debüt gewahr, welches der Rapper, Sänger und Produzent 2018 im Eigenvertrieb vorlegte. Irgendwo zwischen „Berlin No. 1“ und Blink 182, „blond“ und „Beerbongs & Bentleys”, Rap und R&B war „YRRRE“ ein vertonter Versuch, all die Gedanken im Kopf und Gefühle im Herzen zu sortieren. Die zehn Songs handelten von Erkenntnisgewinn und Eigentherapie, Todessehnsucht und Weltübernahmefantasien, vom nüchtern sein, nicht mehr nüchtern sein und trotz oder wegen allem nichts mehr fühlen. „Ich kam zu der Zeit gerade aus einer Beziehung und alles war scheiße“, erinnert sich YRRRE. „Ich bin todesunglücklich gewesen und habe mich von einem Tief zum nächsten geschleppt. Ich bin nicht mehr zur Arbeit gegangen, habe mich krankschreiben lassen. Ich habe die Rollos runtergelassen und mich in meinem Zimmer eingeschlossen, bis mein Mitbewohner sich Sorgen gemacht hat. Aber wenn ich Musik gemacht habe, war alles nicht mehr so beschissen.“ Und auf einmal wird es aus dem vermeintlichen Schwachsinns-Hobby eine echte Chance. Auf „YRRRE“ folgen ein Support-Slot auf der „Diskman Antishock“-Tour von Goldroger sowie Features auf den Alben von und Zusammenarbeiten mit Künstler:innen wie Dexter, Fatoni und Benno Gut. Auf den Umzug nach Berlin folgt ein weiterer Umzug nach Leipzig – und jetzt das zweite Album mit dem Titel „Feinstaub”. „Ich mochte den Kontrast der beiden Wortbausteine, weil sie das Album und wovon es handelt, perfekt auf den Punkt bringen“, sagt YRRRE. „Einerseits klingen die Songs sehr schön, andererseits sage ich immer wieder auch sehr negative Dinge. ‚Feinstaub‘ ist ein Album über Umbrüche und meinen Versuch, alles richtig zu machen – auch, wenn sich alles so vage und unklar anfühlt.“ Entstanden ist „Feinstaub“ gemeinsam mit dem Producer Cap Kendricks, der schon das erste Album in der Remastered-Version um einige Remixe ergänzte und YRRRE als DJ auf der Goldroger-Tour begleitet hat. Bei Sessions in München und Leipzig, Bremen und Berlin sowie der brandenburgischen Provinz hat das Duo aus ersten Skizzen schließlich ganze Songs und vor allem einen ganz eigenen Sound entstehen lassen. Während das in anderen Texten dieser Art als abgedroschene Phrase daherkommen dürfte, ist es im Fall von „Feinstaub“ eine unumstößliche Tatsache. Da ist zum Beispiel „2005“, für das somnambule Samples auf halber Geschwindigkeit gemeinsam mit störrischen Drums einen hypnotischen Sog erzeugen, zu dem sich YRRRE mit weiten Pupillen in die weichen Kissen fallen lässt und ganz den Gedanken an das was mal war hingibt. Ganz anders „Laufmaschen“, für das YRRRE zu entschleunigten Gitarren die eigenen Unzuverlässigkeiten nicht gleich verurteilt, sondern vielmehr ihren Ursachen auf den Grund geht. „Dilemma“ kommt mit Unterstützung von Orsons-Viertel Maeckes und AnnenMayKantereit-Drittel Christopher Annen sowie schillernden Synths, funky Bassline und einer BPM im dreistelligen Bereich. Ein Song über die Schwere der Erleichterung und Lücken, in denen man Erfüllung finden kann. „Ellenbogen“ fährt zu rotzigen Garage-Punk-Riffs und treibenden Drums die selbigen aus und für den jazzigen Slowjam „Glasgow“ pickt YRRRE die Schlaftabletten aus der gemischten Tüte, während er zum Knallen der Feuerwerkskörper gedankenfassend durch die Nacht taumelt. „Netflix“ wählt zu leiernden Piano-Chords einen etwas anderen Blickwinkel auf Bingewatching und Nächte, in denen einen Staffel von „How I Met Your Mother“ nach der nächsten über den Bildschirm läuft, während man dazu immer tiefer in die Matratze und die daruntergelagerte Depression rutscht. Wie YRRRE über genau diese vermeintlichen Ausweglosigkeiten schreibt und von ihnen singt, ist schlichtweg beeindruckend. Vielleicht, weil sie mit so viel Herz entstehen. Ein Herz, das manchmal mit ein paar Milligramm angeschnipst werden muss, weil es sonst stillsteht. In Momenten, in denen selbst Luftholen zu viel scheint – aber auf die eben auch die Erkenntnis, dass es irgendwie schon weitergehen wird.

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